Corona-Impfung und der plötzliche Herztod? Versuch einer Aufklärung ─ Teil 2


Fangen wir gleich mit dem Endgegner an. Die Seite GoodSciencing.com nimmt für sich in Anspruch "real science" zu betreiben und fordert:

"Science needs open discussion anything else is totalitarian."

Offene Diskussionen sind super. Allerdings ist das bei GoodSciencing.com nicht so einfach, denn es gibt zwar ein Kontaktformular, aber kein Impressum. Wer hinter der Seite steckt, wird nicht klar und auch zu den einzelnen Artikeln findet sich keine Autorenangabe. Im About-Abschnitt der Seite heißt es:


"We are a small team of investigators, news editors, journalists, and truth seekers […]. What really matters is that we care carrying on an investigation and we’re presenting the evidence we’ve found, almost all of it documented in mainstream media publications."


Dagegen ist erst einmal nichts zu sagen. Was mir bei all diesen Seiten und Listen aber häufig paradox vorkommt: Auf der einen Seite wird gegen die so genannten "Mainstream-Medien" geschossen, die als Propagandamaschine und von der Politik gekauft und gesteuert kritisiert werden – auf der anderen Seite bedient man sich eben dieser Medien als Informationsquelle. Das erscheint mir nicht konsequent.

 

Kommen wir zum Kern der Sache: Neben diversen Artikeln zu Gefährlichkeit der Corona-Impfung oder dem "Covid-Scam" findet sich auf GoodSciencing.com auch eine Namensliste von Sportlern, die angeblich nach der Impfung schwer erkrankten oder plötzlich verstarben. Zitat:

 

"All of these heart issues and deaths come shortly after they got a COVID shot."


Soweit ich das beurteilen kann, handelt es sich um die umfangreichste Liste, die derzeit verfügbar ist. Mit Stand 28.12.2021 enthält sie 384 Einträge (223 verstorben) und wird ständig aktualisiert. Da wir einen klar definierten Zeitraum benötigen, werde ich mich nur auf die Fälle vom 01. Januar bis zum 28. Dezember 2021 beziehen.

 

Das Hauptproblem der GoodSciencing-Liste besteht darin, dass zwar sehr viele Fälle aufgeführt werden, aber keine Gegenüberstellung zu den Fallzahlen anderer Jahre erfolgt. Das beraubt der Liste erst einmal jeglicher Aussagekraft. Die Autoren sind offensichtlich darauf hingewiesen worden und bemüht, Abhilfe zu schaffen (Hervorhebung von mir):

 

"Readers are writing to us asking for comparisons from previous years. Some say without that, these results mean nothing. That’s not true because if we had seen this in previous years, it would be well known and others would have documented it. We are starting to work on this – it is a lot of work."

 

GoodSciencing argumentiert also: "Hätte es in anderen Jahren ähnliche Fallzahlen gegeben, hätte das jemand dokumentiert. Das ist nicht geschehen – folglich gab es dieses Phänomen vorher nicht." Das ist ein logischer Fehlschluss und vergleichbar mit dem Fünfjährigen, der sich beim Versteckspielen die Augen zuhält und dann glaubt, niemand könne ihn sehen. Das Thema SrSCA/SrSCD ist der Wissenschaft seit Langem bekannt, es existieren reihenweise Arbeiten und Studien (s.u.) sowie Medienberichte [z.B. 1,2,3,4,5,6,7,8 etc.].

 

Was ich dagegen bestätigen kann: Es ist tatsächlich eine Menge Arbeit, all diese Daten zusammen zu tragen. Das weiß ich deshalb so genau, weil die fehlenden Vergleichsmöglichkeiten nur eine Lösung zuließen: Ich habe Fälle von SrSCA und SrSCD für einen anderen Zeitraum heraus gesucht. Darüber hinaus habe ich die Daten von GoodSciencing mit aktuellen Inzidenzwerten abgeglichen. Was ist dabei herausgekommen?


USA

 

GoodSciencing listet hier insgesamt 64 Todesfälle (Altersspanne: 11-86). Laut Maron et al. (2009) sind zwischen 2000-2006 pro Jahr im Schnitt 66 Sportler in den USA verstorben (Minimum 50 – Maximum 76). Diese Untersuchung beschränkt sich auf reine Wettkampfathleten (competitive athletes) bis 39 Jahre; Freizeitsportler sowie die Altersgruppe > 40 Jahre wurden nicht erfasst! Bereinigen wir die Liste von GoodSciencing um den Faktor "Alter" bleiben 49 Fälle übrig - weniger als der Durchschnitt und damit keine statistische Besonderheit.


Ein gänzlich anderes Bild bietet sich, wenn wir die Gesamtinzidenz betrachten, d.h. sowohl Wettkampf- als auch Freizeitsportler bis 40 Jahre. So schätzen Wasfy et al. (2016) die Wahrscheinlichkeit eines SrSCDs in den USA auf 1:40.000-80.000. Dabei stützen sie sich wiederum auf eine Arbeit von Harmon et al. (2014), in der insgesamt 28 Studien ausgewertet wurden.

Um das Ergebnis zu berechnen, müssen wir nur noch wissen, wie viele US-Bürger regelmäßig Sport treiben. Gehen wir konservativ vor und konzentrieren uns nur auf diejenigen, die täglich aktiv sind, liegen wir laut Statista bei 19,3 Prozent der Bevölkerung. Die aktuelle US-Einwohnerzahl beträgt ca. 330 Mio. Zusätzlich rechnen wir noch alle Personen < 5 und > 39 heraus, einfach um sicher zu gehen. Dann bleiben 281 Mio. übrig. Davon 19,3 Prozent sind = 54,2 Mio. Personen. Orientieren wir uns an Wasfy & Harmon und gehen auch hier von der niedrigeren Inzidenz von 1:80.000 aus, wären das satte 677,5 SrSCDs pro Jahr - und damit mehr als das 10-Fache des Wertes der GoodSciencing-Liste!

 

Ebenfalls mit Stand 28.12.2021 sind 36 Fälle von SrSCA für die USA aufgeführt. Laut dem American College of Cardiology ereignen sich pro Jahr 100-150 Fälle von SrSCA bei US-Wettkampfathleten. Die gelisteten Fälle belaufen sich also lediglich auf rund 24-36 Prozent der geschätzten Fallzahl. Zur Erinnerung: GoodSciencing  schreibt (Hervorhebung von mir):

 

"While it is possible this can happen to people who did not get a COVID vaccine, the sheer numbers clearly point to the only obvious cause."

 

Wenn ich richtig gerechnet habe, verkauft GoodSciencing geringe Fallzahlen als dramatischen Anstieg, der sich angeblich eindeutig auf den Faktor "Impfung" zurückführen lasse. Das ist weder "real" noch "good" Science – das ist schlichtweg falsch und irreführend und beweist lediglich, dass kein Blick in die entsprechenden Daten geworfen wurde.


Deutschland


Wenden wir das Ganze auf die deutschen Todesfälle an. Davon finden sich 16 in der Liste. Bohm et al. (2016) vermelden in einer deutschlandweiten Untersuchung für den Zeitraum 2012-2015 eine SrSCD-Inzidenz von etwa 1,2-1,5:1.000.000 über alle Altersgruppen hinweg. Betrachten wir auch hier ausschließlich die Personen die mindestens einmal pro Monat sportlich aktiv sind, liegen wir laut Statista bei rund 30 Mio. Personen. Das ergibt eine jährliche Inzidenz von 36-45 Fällen. (Eine aktuelle Studie (2021) derselben Untersucher bestätigt diese Zahlen weitgehend.) D.h. die 16 Fälle der GoodSciencing-Liste stellen absolut keine Anomalie dar, sondern liegen sogar weit unter der zu erwartenden Inzidenz.

 

Bei den SrSCAs sieht es nicht anders aus. Für die Altersgruppe ≥ 17 Jahre vermelden dieselben Forscher eine geschätzte Inzidenz von 1,8:1.000.000 (Bohm et al., 2020). Auf Basis der obigen Zahlen ergibt das rund 54 Fälle pro Jahr. GoodSciencing listet 28 auf. Das entspricht ziemlich exakt 50 Prozent des Inzidenzwertes und bewegt sich damit ebenfalls im Normbereich.

Keine erhöhten Fallzahlen bei Listenkombination

An diesen Ergebnissen ändert sich übrigens auch dann nichts, wenn wir alle Fälle aus fünf Listen zusammenfassen (GoodSciencing.com, Berliner Zeitung, Wochenblick, Gloria.tv, sowie eine Liste, die mir freundlicherweise zugemailt wurde). Filtern wir die Doubletten heraus, bleiben für Deutschland 39 SrSCAs und 17 SrSCDs. Keine statistischen Ausreißer.

 

Noch einmal: Mir geht es nicht darum festzustellen, wie viele Personen tatsächlich einen SrSCA/SrSCD erleiden. Das wird sich endgültig kaum feststellen lassen. Ich möchte nur zeigen, dass diese Art von Listen einfach keinerlei Aussagekraft haben und das planlose Ansammeln von Fällen zu absolut nichts führt.

Vergleich mit anderen Zeiträumen: Das Jahr 2015

 

Wie erwähnt: Wie haben keine direkten Vergleichszahlen für andere Jahre, wenigstens nicht in schöner Listenform. Wie kann man das Problem lösen? Heutzutage würde man sagen: Challenge accepted! Ich habe mir die Mühe gemacht, Fälle von SrSCD für das Jahr 2015 heraus zu suchen (01. Januar bis zum 19. Dezember). Dabei bin ich nach denselben Maßstäben vorgegangen wie GoodSciencing: Es mussten nicht Profi-Sportler oder überhaupt Sportler sein, die Probleme waren nicht zwingend während des Sports aufgetreten, es zählte demnach z.B. im Schlaf verstorben, im Auto oder zu Hause. Das Alter habe ich allerdings auf 60 Jahre begrenzt und meine Suche außerdem auf die 36 Sportarten beschränkt, die auch auf der GoodSciencing-Liste vertreten sind.  Das Ergebnis: 73 Berichte über SrSCD in den USA, 20 in Deutschland. Fallzahlen, die über denen von GoodSciencing und der anderen Listen liegen - und das ganz ohne Pandemie und mRNA-Impfung.


Was sagt das aus? Erst einmal nicht viel. Schon gar nicht, das es in dem ein oder anderen Jahr mehr Vorfälle gab. Denn die Liste wird mit Sicherheit nicht vollständig sein – weder meine, noch die von GoodSciencing. Nicht über jeden Vorfall wird berichtet und nicht jeder Vorfall wird als solcher erkannt. Aber es lässt sich schließen, dass die GoodSciencing-Liste nicht das Schreckensszenario abbildet, das sie herauf beschwört.


Weitere Anmerkungen zur Liste von GoodSciencing.com (die jeweiligen Nummern können sich mittlerweile verschoben haben, weil die Liste weiter aktualisiert wird):

 

Eintrag 4: Hank Aaron (86) 

Ehemaliger Baseballspieler, der zwei Wochen nach seiner Impfung verstarb. GoodSciencing.com schreibt, die Obduktion habe eine natürliche Todesursache ergeben, was bei einem Alter von 86 nicht weiter verwunderlich ist, lässt ihn aber trotzdem auf der Liste.


Eintrag 7: Clement Leutcheu (25)

Basketballer aus Kamerun, der auf den Philippinen spielte (GoodSciencing.com schreibt seinen Nachnamen fälschlicherweise „Lucchu“). Laut Liste starb er am 06. Februar 2021, das Statement seines Vereins erschien am 05. Februar 2021. Impfstart auf den Philippinen war allerdings erst im März vergangenen Jahres, in Kamerun im April. Ob er inoffiziell vorher geimpft wurde, ist nicht zu sagen.


Eintrag 37: Nickolas Lawrinas (17)

Angeblich Footballspieler aus Florida. Eine Suche ergibt keinerlei Daten zu ihm – der Name taucht ausschließlich als Eintrag auf ähnlichen Listen in anderen Sprache auf. Ansonsten finden sich keinerlei Angaben zu Biografie, Wohnort, Alter, Sportclub, Schule oder ein Nachruf. Es gibt schlicht keinen Nachweis, dass eine Person namens Nickolas Lawrinas jemals existiert hat.


Eintrag 48: Marvin Schumann (31)

Fußballer des MTV Wasbüttel, der auch auf anderen Listen auftaucht. GoodSciencing datiert seinen Herzinfarkt auf den 30. Mai 2021, merkt aber an, dass kein exaktes Datum bekannt sei. Tatsächlich hatte Schumann seinen Infarkt bereits im September 2020 – und damit lange vor Impfstart.


Eintrag 50: Christian Eriksen (29)

Dänischer Nationalfußballer, dessen Zusammenbruch während eines Spiels der EM 2020 für weltweites Aufsehen sorgte. GoodSciencing schreibt, der Mannschaftsarzt von Eriksens Club, Inter Mailand, habe eine vorherige Corona-Impfung bestätigt. Mailands CEO Giuseppe Marotta widerspricht:


„He didn't have COVID and wasn't vaccinated either“.


Eintrag 60: Robert Lima (49)

Fußballer, der beim Kicken mit Freunden plötzlich einen Herzinfarkt erlitt und verstarb. In einem Artikel auf TheSaxon.org findet sich dazu der Hinweis:


"Lima already had a precedent in this kind of episodes dating back a few months, when he had a heart attack in the city of Melo, from which he had recovered."


Eintrag 71: Marilio Costa Leite (48)

Cross-Country-Läufer, dessen Leiche in einer Schlucht gefunden wurde. Medien schreiben dazu, der Fundort habe einige Kilometer von der eigentlichen Strecke entfernt gelegen, er sei vermutlich fünf Meter tief gestürzt. Was genau passiert ist, bleibt reine Spekulation.


Eintrag 110 + 216: Spielerin von Wacker Mecklenburg

Doppelt vorhanden


Eintrag 122: David Patten (47)

GoodSciencing: "David Patten (47), three-time Super Bowl champion with Patriots, died while riding his motorcycle – he suddenly "went left of center" and struck on an oncoming Chevrolet sedan."

Kaum nachzuweisen, daher reine Spekulation.


Eintrag 151: Tom Felton (34)

Wer kennt ihn nicht – den berühmten Athleten Tom Felton? (Quidditch?)


Eintrag 155 + 176: Benjamin Taft (33)

Doppelt vorhanden.


Eintrag 239: Sean Wainui (25)

GoodSciencing.com: "Died in a solo car crash into a tree, a week after getting vaccinated".

S. Eintrag 122


Eintrag 266: Logan Luker (17)

Walisischer Rugbyspieler, der laut Medien „plötzlich“ verstorben sei, ohne dass weitere Details zur Todesursache bekannt gegeben werden. Diese Kombination deutet gerade bei jungen Menschen häufig auf Suizid hin. Dazu passt ein Statement seiner Eltern:

„Please, please if anyone is struggling - please speak out, because we as a family are broken and we wouldn’t want anyone else to go through what we are.“


Eintrag 327: Valentin Rodionov (16)

Russischer Eishockeyspieler, verlor das Bewusstsein offenbar nach einer Kollision mit der Bande. Dabei zog er sich anderen Quellen zufolge "schwere Kopfverletzungen" zu. Damit wäre ein Bewusstseinsverlust und auch der in der Folge eintretende Tod erklärbar.


Eintrag 341: CJ McCollum (30)

Basketballspieler der Portland Trailblazers erleidet einen Pneumothorax (kollabierte Lunge). GoodSciencing.com schreibt, ein Pneumothorax könne auch im Rahmen einer Erkrankung (lies: nach Impfung) auftreten, allerdings scheinen die Probleme eher Folge einer Verletzung durch Gegnerkontakt gewesen zu sein. McCollum selber sagt dazu:

 

"Playing against the Celtics, it’s the fourth quarter. I fight over a screen on defense and I think I catch an elbow to like my rib, sternum, chest area, and I kind of just shrug it off. I don’t really pay much attention to it, it’s just another part of the game. As the game continues to go on, I sprint for a fast break, I jump for a layup, I get fouled. I kind of get hit in my chest again, like the side area. I don’t think much of it. I shoot the free throws. A couple of minutes later, as I’m kind of going down the court, I notice that I’m having shortness of breath."



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Kommentare: 1
  • #1

    Andreas Wittlinger (Donnerstag, 13 Januar 2022 08:02)

    Servus Thomas,

    danke für deine ganzen Mühen und die daraus folgende Aufklärung - Sehr gut und schlüssig argumentiert. mfg A. Wittlinger